1 – Gamer sind auch nur Menschen, mit John Minah

In der ersten Ausgabe des Formfreude Podcast spreche ich mit John Minah, Vice President Online & Mobile, Turtle eSports Technology GmbH, über seine Anfänge in der digitalen Welt, Erfolgsfaktoren von blauarbeit.de und den Kontrast zu seinen heutigen Herausforderungen im Rahmen der ESL. Was verraten Games über unsere Kompetenzen in der Arbeitswelt? Und was ist eigentlich ein Vibraphon?

Ihr erreicht John unter j.minah@eslgaming.com und Christoph unter christoph@formfreude.fm

Transkript

Christoph

Wie ist denn dein Ranking gerade? Spielst du noch StarCraft?

John

Ja. Ich habe relativ spät mit Legacy of the Void angefangen und ich spiele auch nicht die Kampagne, sondern immer nur One vs. One online; ich glaube ich bin jetzt Diamond.

Christoph

Bist du noch Diamond? Du hast es also geschafft dein Ranking zu halten?

John

Ja, ich war auch mal Master zwischendurch für ein paar Tage, aber das ist mir zu stressig. Es gibt ja noch ein Real Life, ich habe Kinder, ich hab auch noch eine Arbeit nebenher ;)

Christoph

Bei deiner momentanen Arbeit – da kommen wir ja gleich noch zu – ist es da nicht sogar verpflichtend zu spielen?

John

Naja, also es ist auf jeden Fall verpflichtend, dass du das Ökosystem verstehst und das geht natürlich einfacher, wenn du selbst auch die Produkte kennst und wenn du weißt, warum die ganzen Gamer so bekloppt und nerdig unterwegs sind; und was die auch haben wollen. Ich glaube für jemanden, der nicht irgendwie Counter Strike, StarCraft, League of Legends, DOTA et cetera spielt, oder schon mal gespielt hat, wäre das viel zu abstrakt. Wenn ich jedes Mal, wenn ich versuche jemandem zu erklären was ich mache oder was eSports ist, jemandem, der noch nie an einer Konsole gesessen hat oder ernsthaft am PC gespielt hat, außer Solitär oder Minesweeper, der wird das einfach nicht verstehen. Für den ist das unbegreiflich und sehr weit weg. Und deswegen ist das schon Voraussetzung, dass man weiß was ein kompetitives Spiel ist, was dahinter steckt, was für KPIs es gibt, dass es auch wirklich was mit Performance zu tun hat und nicht nur mit „daddeln“; das Verständnis muss man mitbringen und das ist die Voraussetzung dafür.

Christoph

Ja, Games als Sport und nicht nur als Zeitvertreib.

John

Genau.

Christoph

Da kommen wir auf jeden Fall noch zu, aber jetzt sage ich erst mal herzlich Willkommen.

Wir wissen ja noch gar nicht wer du bist. Herzlich Willkommen zu Formfreude.

John

Dankeschön.

Christoph

Zur ersten Episode meines Podcasts. Ich bin Christoph Kolb und mir gegenüber sitzt John Minah, herzlich Willkommen, ich freue mich wahnsinnig, dass du mit machst bei dem Experiment hier.

John

Ich freue mich auch, vielen Dank für die Einladung.

Christoph

Ja, John, was machst du gerade?

John

Ich arbeite gerade bei Turtle Entertainment, wir sind die größte eSports Company der Welt. Und dort bin ich Vice President Mobile Online. Das heißt übersetzt ich bin Intrapreneur, also ich gründe neue Produkte und Services innerhalb des Unternehmens und bringe diese auf die Straße.

Christoph

Cool. Turtle ist also für dich eine Art Inkubator? Das hat bestimmt einige Herausforderungen, da können wir dann gleich noch mal drüber sprechen. Also eine Art Team in Team, eine Art Start-Up in einem Corporate Umfeld und auch das Corporate Umfeld ist noch größer geworden in der letzten Zeit.

John

Genau.

Christoph

Da gibt es bestimmt ganz eigene Herausforderungen. Wir versuchen bei Formfreude ein bisschen hinter die Kulissen von digitalem Design zu blicken und versuchen die Geschichten dahinter zu verstehen und so besser zu werden in dem was wir tun. Mal gucken, ob das klappt. Du kommst aber eigentlich gerade ganz frisch aus Katowice zurück. Wahrscheinlich eine der größten, oder sogar das größte Event im eSports?

John

Ja, es ist wahrscheinlich das größte Event in Europa, zumindest das größte eSports Event was Zuschauerzahlen und Reichweite angeht und auch Bedeutung. Katowice ist eine Stadt in Polen, die uns jedes Jahr die Spodek Arena zur Verfügung stellt. Ich weiß nicht wie viele tausend Leute da rein passen, aber das ist eine ziemlich große Veranstaltungshalle.

Christoph

Sieht auch ziemlich abgefahren aus.

John

Ja, sieht aus wie ein Sowjet Ufo :) Das haben die damals sehr gerne gebaut, da gibt es ein paar Gebäude, die so aussehen. Gerade in Katowice fühlt es sich sehr sowjetisch an und das ist ein abgefahrenes Gefühl. Nebenan gibt es eine Expo Halle, wo wir eine so eine Art mini GamesCom organisiert haben mit den ganze Sponsoren, mit Firmen innerhalb des Ökosystems aber auch Firmen außerhalb des eSports Ökosystems, die versuchen da rein zu kommen. Die haben wir bespaßt. Wir hatten ein ziemlich großes Turnier für Counter Strike, für League of Legends und StarCraft und haben da voll Gas gegeben und die Leute amüsiert - und uns selbst auch. Hat Spaß gemacht.

Christoph

Glaube ich dir, da waren wahrscheinlich eine ganze Menge Geeks da.

John

Leider viel zu wenig Mädels, wirklich überwiegend Männer und Kinder. In Polen ist es ja auch sehr interessant, da gibt es keine FSK. Das heißt, wenn wir jetzt in Köln in der Lanxess Arena zum Beispiel so ein Counter Strike Turnier veranstalten, da musst du mindestens 16 Jahre alt sein, um rein zu kommen und in Polen interessiert das keinen.

Christoph

Das ist krass.

John

Ja, finde ich auch krass; aber das ist da halt einfach so.

Christoph

Wir werden hier nie über Politik sprechen, aber habt ihr in der Spodek Arena irgendwas mitbekommen von der aktuellen Lage?

John

Ne, gar nicht. Die Leute sind da um Spaß zu haben. Das ist zu vergleichen mit einem Fußball Event und es wurde einfach gefeiert und man spornt seine Fans und seine Teams an, die man supportet und auch die Spieler und man hat einfach Spaß mit seinen Kumpels, mit denen man da abhängt.

Christoph

Und den Spaß versuchst du so ein bisschen zu kanalisieren. Wir springen aber ein bisschen wild in der Historie herum. Erst mal wollte ich ein kleines Bild davon bekommen, was du gerade so machst. Du tourst also durchaus auch um die Welt weil die ESL natürlich verschiedene Events hat. Und du musst da sein um zu verstehen, was die Menschen da so hintreibt, was die Gamer bewegt weil das jetzt deine Kundschaft ist. Aber eigentlich hast mit einer ganz anderen Kundschaft angefangen. Wir können natürlich erst mal zu Blauarbeit gehen; aber gibt es da noch was davor? Was waren denn deine ersten Kunden, die du digital bedient hast?

John

Ich habe während des Studiums schon angefangen, das war damals die heiße Pre-DotCom-Blasen-Zeit. Ende der 90er. Da gab es hier in Köln einen Laden voll DotComs, wie sie damals noch hießen, und da habe ich schon als Werksstudent gearbeitet, weil ich das cool fand und ich die Idee geil fand auf Basis seines Hirnschmalzes und vielleicht mit einem Notebook oder damals mit einem Desktop PC Produkte auf die Beine zu stellen und damit wirklich einen echten Wert, Interaktion und Transaktion zu schaffen und Monetarisierungsmöglichkeiten zu schaffen und User anzusprechen. Es hat mich fasziniert, dass man aus fast nichts eine ziemlich große Upside generieren kann. Und weil ich auch schon früher einfach gerne am Computer war und Technologie auch per se geil finde, bin ich dann in die Schiene reingerutscht und habe für kleinere DotComs gearbeitet und auch unterschiedliche Positionen ausgefüllt und irgendwann nach meinem Studium habe ich dann für eine Bildagentur gearbeitet für eineinhalb Jahre und habe mir dann überlegt, dass ich mich selbstständig machen werde. Zusammen mit dem Ramin damals, meinem Partner, und so haben wir Blauarbeit gegründet.

Christoph

Wer hat denn die Idee gehabt?

John

Das war eigentlich das Produkt eines ziemlich strukturierten Brainstorming-Prozesses. Wir haben uns hingesetzt an ein paar Nachmittagen und haben mehrere Sachen auf den Tisch oder an die Wand gemalt und überlegt, wo das größte Potential ist auf der einen Seite und auf der anderen Seite, was uns am meisten Spaß macht, wo die Nische ist oder wo Bedarf ist. Das war damals in einer Zeit, in der es ziemlich große Probleme mit dem Thema Schwarzarbeit gab und wir haben uns überlegt: 'Warum arbeiten die Leute schwarz?' Oder warum lasse ich jemanden schwarz arbeiten? Das Ergebnis war dann, dass wir gedacht haben, die Leute haben keinen Bock mehr auf diesen ganzen Meister-Zwang in Deutschland, auf die Handwerkskammern, auf überteuerte Preise, auf Intransparenz. So ergab sich dann die Idee eine Plattform zur Vermittlung von Dienstleistungen zu gründen. Damals noch auf Handwerk fokussiert. Über die Zeit haben wir dann mehrere Verticals gestartet und Umzugsunternehmen oder Haushaltsdienstleister vermittelt, zum Beispiel Babysitter oder Putzdienstleister.

Christoph

Alle möglichen Formen von Dienstleistungen. Das finde ich das Interessante an der Plattform und dem Produkt, wenn ich das mal so nennen darf. Gab es Ebay schon zu der Zeit?

John

Ja, genau, das gab es.

Christoph

Ihr hattet Ebay auch gesehen, vermutlich?

John

Wir haben Ebay gesehen, ja.

Christoph

Und ihr habt euch entschieden, es genau andersrum zu machen. Wenn wir uns Ebay mal angucken, da werden ja Produkte verkauft. Produkte kann ich hinstellen und sagen: 'Das ist mein Produkt. Ich möchte das verkaufen, was gebt ihr mir dafür?' Und bei einer Dienstleistung ist das nicht so einfach. Dass man zum Beispiel als Maler hingeht und sagt: 'Mein Produkt ist, dass ich dir was anmale, aber ich bin sehr flexibel, was das gemalte betrifft.' Wie kamt ihr zu dem Prozess Ebay quasi hoch minus 1 zu machen? Ebay also umzudrehen und zu sagen: Der, der die Dienstleistung haben will, muss die Auktion starten und die Dienstleister bewerben sich da drauf?'

John

Wir haben den Prozess an sich gar nicht neu erfunden, es gab ja schon immer das Prinzip der Ausschreibung. Wir haben das Prinzip der Ausschreibung digitalisiert, und zwar so, dass man als Noob [Neuling] einfach einen Auftrag einstellen kann, und dann bekommt man Angebote und kann die wunderbar vergleichen. Außerdem haben wir verschiedene Elemente, die damals aufkamen, zum Beispiel Schlagwort UGC, User Generated Content, Web 2.0, Bewertungen mit Sternchen und so weiter, integriert, weil es naheliegend war. Und so hat sich das Produkt entwickelt.

Christoph

Dadurch kam dann wahrscheinlich auch das Thema SEO durch, UGC war ja dann vor allem ein SEO Thema

John

Definitiv. Das spielte absolut mit hinein. Und der ursprüngliche Plan war ja, dass Ebay uns dann nach 6 Monaten kauft für zwei Koffer voll Geld. Das hat nicht ganz funktioniert ;)

Christoph

Haben die nur einen Koffer dabei gehabt und dann habt ihr gesagt: 'Tschüss?'

John

Genau, es war nur ein Koffer und es waren auch keine 6 Monate. Es hat einfach viel länger gedauert, es ging langsamer voran als wir uns damals erträumt hatten in unserer Hybris. 

Christoph

Ich glaube das ist auch ein grundlegendes Ding. Wenn man anfängt, hat man natürlich diesen brutalen Optimismus; den braucht man auch, sonst würde man gar nicht anfangen. Diese Energie braucht man, um den schweren Weg zu gehen. Was war denn für euch die größte Herausforderung? Immerhin habt ihr – oder was heißt immerhin – wahnsinnigerweise habt ihr den Weg geschafft von einer Plattform, die eine gute Idee ist und die Geld verliert, bis hin zu einer Plattform, die eine gute Idee ist und Geld verdient. Mit dem letztendlich Verkauf des Ganzen - Spoiler Alert. Aus deiner Sicht, was war das Schwierigste auf dieser Reise?

John

Ich glaube persönlich gesehen war das schwierigste für mich selbst, Ich selber. Ich habe mich auf dieser extrem intensiven Reise einfach neu kennen gelernt. Es ist schon etwas anderes, wenn der eigene Arsch über dem Feuer hängt und man das Gefühl hat, man muss jetzt 24/7 arbeiten. Das habe ich dann auch gemacht, über Jahre. Bis mein Körper mir zu verstehen gegeben hat, dass das einfach uncool ist und dass es so nicht weiter geht. Und auch mein Geist. Das war für mich die größte Herausforderung. Das war auch das größte Learning, was ich da mit herausgenommen habe.

Christoph

Ich glaube viele haben schon mal erlebt, dass der Körper anfängt zu sagen: 'Hör mal, was du da machst ist nicht in Ordnung'. Wie hast du das geschafft, darüber hinaus zu kommen?

John

Ganz einfach, weil es nicht anders ging. Es ging einfach nicht weiter.

Christoph

Okay, Notwenigkeit ist ein starker Motor :)

John

Genau, da war alles auf rot und auf Anschlag und auf 180 und es ging einfach nicht weiter so. Wir waren gezwungen die Notbremse zu ziehen und auch kürzer zu treten und haben aus der 7 Tage Woche eine 6 Tage Woche gemacht. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das auch nicht so geil und komfortabel ist. Bis wir dann irgendwann regelmäßige Arbeitszeiten einführt haben. Aber ich muss auch sagen, wir waren halt ziemlich lange zu zweit unterwegs und hatten als Gründer auch keine Erfahrung und mit 26 Jahren hatte ich auch nicht die entsprechende Lebenserfahrung, die ich jetzt habe. Das war die größte Herausforderung. Neben den ganzen fachlichen und sachlichen Themen, Mitbewerbern und Finanzierungsgeschichten gab es da natürlich noch mal einen ganz großen Berg, der uns einfach auf den Schultern lag.

Christoph

Ich habe das Ganze ja auch natürlich verfolgt und zum Teil auch ein bisschen begleitet. Ich finde interessant, dass du das sagst. Letzten Endes habe ich ja gesehen, wie ihr das macht und es war ein konstantes Improvement. Ihr habt immer weiter daran gearbeitet und immer wieder diese kleineren Sachen gemacht und ich glaube, dass machen ja einige. Aber du meinst am Ende ist das Schwerste einfach weiterzumachen, durchzuhalten und dranzubleiben. Denn wenn du aufhörst kommst du natürlich nie an den Punkt, an dem es erfolgreich wird.

John

Genau, und vor allen Dingen hast du die Freiheit theoretisch jeden Tag aufzuhören, vor allem wenn du kein Fremdkapital in deinem Unternehmen hast.

Christoph

Hattet ihr keins?

John

Nein, die ersten zwei oder zweieinhalb Jahre waren wir eigenfinanziert, was relativ lang ist für so ein Modell. Das hat auch ewig gedauert, bis wir dann irgendwann mal einen Euro verdient haben und noch länger bis wir dann irgendwann positiven Cash Flow generiert haben. Es war also nicht so ein Selbststarter-Ding, was dann zufällig von alleine durch die Decke gegangen ist. Es war wirklich sehr viel und sehr lange, harte Arbeit.

Christoph

Es war wirklich sehr viel und sehr lange, harte Arbeit.

In der Nachsicht ist es natürlich immer Einfacher, in der Rückschau. Wenn man sich heute Blauarbeit anguckt, sieht man, dass es ein sehr gutes Geschäftsmodell ist. Derjenige, der finanziellen Mehrwert aus der Plattform rauszieht muss im Prinzip dafür nichts bezahlen. Eure Eier oder die Hennen, je nachdem wie man es bezeichnet – sagen wir die Handwerker sind die Hennen und eure Eier sind die Kunden – die müssen dafür im Prinzip nichts bezahlen. Aber wo die Henne und das Ei ins Spiel kommen ist natürlich immer die Frage: 'Wer war zuerst da und wer ist größer?' War das nicht sehr schwierig, gerade in der Zeit? Wir reden jetzt tatsächlich von fast 10 Jahren zurück. Oder ist es sogar 10 Jahre zurück?

John

Ich befürchte noch länger, wir haben schon 2004 angefangen.

Christoph

Also vor gut 12 Jahren. Wir vergessen in dieser Branche so schnell wie selbstverständlich das Internet für viele Menschen ist, aber wenn wir 12 Jahre zurück gehen ist es unfassbar. Das war eine komplett andere Zeit. Da könnte man auch sagen, dass Handwerker als Gruppe bestimmt eine sehr, sehr unaffine digitale Zielgruppe war, oder?

John

Das kann man so sagen. Das war definitiv der Fall. Handwerker ist ja nicht gleich Handwerker. Innerhalb der heterogenen Gruppe der Handwerker gibt es auch noch diejenigen, die wahrscheinlich damals noch nie vor einem PC gesessen haben, zum Beispiel die Autowerkstätten. Bei denen vielleicht noch die Sekretärin, die die Rechnung ausdruckt auf einem Nadeldrucker, und das war schon das höchste der Gefühle. Dann gab es aber auch andere Berufsgruppen, wie zum Beispiel die Maler. Die waren relativ weit vorne und haben sowieso schon online ihre Farben bestellt oder gemischt. Die waren schon gewöhnt so ein Tool zu benutzen. Aber generell hast du natürlich recht. Das war eine sehr undankbare Zielgruppe.

Christoph

Kannst du ein Beispiel nennen, was ihr gemacht habt um die an Bord zu holen? Oder würdest du sagen ihr habt gewartet, bis sie von sich aus gemerkt haben: „Internet ist irgendwie ganz cool, glaub' ich“?

John

Ja, wir haben viel telefonisch gemacht, wir haben auch ständig Handwerker gehabt, die angerufen haben, und sich für einen speziellen Auftrag interessiert haben. Dann haben die uns die Auftragsnummer durchgegeben und wir haben denen dann Schritt für Schritt erklärt, wie man sich anmeldet.

Christoph

Ihr habt also auf beiden Seiten extrem viel am Telefon gemacht? Also sehr Support intensiv; obwohl ihr jetzt keine 30 köpfige Mannschaft hattet? Dafür aber bestimmt ein sehr eingespieltes Team. Und irgendwann kennst du die meisten Fälle schon.

John

Ja, irgendwann kannten wir unsere Patienten :) und natürlich auch unsere Standardlösung. Häufig hatte wir allerdings den Fall, dass die Leute keine E-Mail-Adresse hatten und dann mussten wir denen erklären, wie man auf gmail.de eine E-Mail auswählt :) und wie man sich registriert und was eine Inbox ist und so. Wir haben da viel Tech-Support geleistet und überhaupt viel dazu beigetragen Deutschlands Handwerker mit zu digitalisieren.

Christoph

Grundlagenarbeit.

John

Ja, genau.

Christoph

Du hast es gerade schon angesprochen, ihr habt viel telefoniert. Und am Anfang habt ihr das vor allem zu zweit gemacht. Ramin eher für den technischen Part und du für alles andere, oder wie habt ihr euch aufgeteilt?

John

Ja, in der Regel schon. Wobei Ramin war natürlich nicht nur Entwickler sondern genauso Geschäftsführer wie ich. Bei allen größeren Entscheidungen, die wir getroffen haben, haben wir uns konsultiert. Aber irgendjemand muss dann auch ans Telefon gehen, wenn ein Handwerker anruft und irgendjemand musste auch die Buchhaltung machen. Und auch Marketing und PR ohne Geld. Das musste alles gemacht werden. Wir haben einen riesen Spagat gemacht, um das Ding überhaupt visible zu machen.

Christoph

Irgendwann kam dann der Zeitpunkt, an dem ihr gesagt habt: „Zu zweit schaffen wir das nicht mehr sonst kippen wir um.“ Tod vor 30. Was habt ihr dann für ein Team aufgesetzt? Was habt ihr für eine Struktur aufgesetzt um diese Webplattform zu betreiben, weiterzuentwickeln und supporten zu können?

John

Im Prinzip haben wir erst mal die wichtigsten Lücken gefüllt. Das war damals der Customer Support. Wobei wir von Anfang an darauf geachtet haben, dass wir Leute mit ins Boot holen, die flexibel und an sich breit aufgestellt sind. Die jetzt nicht sagen: „Ich mache nur Customer Support und das war's ,aber ich weiß nicht was Photoshop ist.“ Auch auf der anderen Seite, dass wir Leute haben, die Angst haben ans Telefon zu gehen. Es war auch teilweise so, dass unsere Entwickler Telefondienst schieben mussten, einfach aus Ressourcen-Gründen. So haben wir uns besser schlecht als recht über Wasser gehalten. Bis wir dann irgendwann die erste Finanzierungsrunde gestemmt haben. Dann hat sich die ganze Situation etwas entspannt, dann konnten wir wirklich strategisch an die Sache ran gehen und uns hinsetzen und überlegen: „Okay, was brauchen wir jetzt wirklich und wo wollen wir hin.“ Das hat dann gut getan. 

Christoph

Und bist du heute immer noch so, dass du sagst: „Ich hole mir tendenziell lieber Generalisten als Spezialisten?“ Oder Menschen mit möglichst wenig Scheuklappen, die ein bisschen flexibel sind? Hat sich das geändert?

John

Nein, das hat sich geändert :) Die Produkte und Services, die ich jetzt baue, müssen schneller auf die Straße. Ich glaube das führt automatisch mit sich, dass man in einem Team arbeiten muss. Gut, wir waren damals im zweier Team aber das ist das kleinstmögliche Team. Jetzt arbeiten wir in größeren Teams und da ist es schon sehr hilfreich, wenn du genau weißt: Das ist der Mann zum Thema Front-End Development oder der Mann, der die Datenbank Architektur super konzipieren kann und derjenige setzt es dann auch um. Das ist schon sehr hilfreich, wenn man da mit Spezialisten zusammenarbeiten kann. Und ganz klar, ich arbeite mit Leuten zusammen, die auch keinen Kundenkontakt, oder Userkontakt haben wollen, was in manchen Fällen auch ganz gut so ist :)

Christoph

Jetzt bestätigen wir mal nicht alle Stereotypen. Das sind bestimmt die Front-End Designer, die keinen Kundenkontakt wollen. Und die Entwickler hängen jeden Tag am Telefon.

John

Das sind so Leute wie du, die wollen das nicht und schließen sich im Keller ein :)

Christoph

Oh ja, Menschen furchtbar :) Dieses umgekehrte Ebay, ich finde das total interessant, für Dienstleistungen ist das total einleuchtend. Wäre das nicht auch super sinnvoll so eine Plattform für Produkte zu machen?

John

Das gab es ja alles schon mal. Es gab eine Plattform, wo du hingehst und sagst: „Ich möchte jetzt ein iPhone“ - obwohl damals gab es ja noch keine iPhones - aber ich möchte für XY maximal 400 Euro zahlen und dann können Händler sagen: „Hier, nimm’s."

Christoph

Ich möchte für mein iPhone 5 Euro zahlen :)

John

Ja genau, geht auch, nur mit Vertrag. 

Christoph

Das ist ja von hinten durch die Brust ins Auge. Darüber habe ich aber in der Vorbereitung ein bisschen nachgedacht. Und zwar habe ich überlegt, dass ist ja im Prinzip genau das, was im Netz gerade passiert. Klassisches Online Marketing war ja eigentlich immer push. Ich haue einfach mit der Schrotflinte alles raus was geht und versuche so viele zu treffen wir möglich. Und das ist ja eigentlich genau umgekehrt. Der Anbieter, nehmen wir Heizungen zum Beispiel. Wenn man sich grade für Häuser interessiert, was ja durchaus mal passieren könnte, dann sucht man irgendwann nach einer Heizung. Dann wird man online mit PR und Werbung bombardiert. Doch hier ist es genau umgekehrt. Der Anbieter sagt einfach: „Das bin ich, das hab ich.“ Bei Heizungen kommt noch erschwerend hinzu, dass einem nicht mal gesagt wird wie viel es kostet. Dann musst du noch über ganz komische shady Kanäle gehen um dort überhaupt hinzukommen. Ich bin eigentlich kein Fan davon, aber der Gedanke des Targeted Advertisings ist ja eigentlich: „Finde mir die Leute online, die das eigentlich schon suchen.“ Bei Blauarbeit würden die Leute, die was Suchen einen Auftrag einstellen und sagen: „Ja bitte. Male mir die Bude an, ich suche das gerade.“ Und die Handwerker wissen, da kann ich hingehen und denen kann ich etwas geben. Im Prinzip war das vor 12 Jahren die Erfindung des Targeted Advertings, weil es ein direkter Vertriebsweg hin zum Kunden ist. Man weiß, wo der Kunde ist. Targeted Advertising ist heute aber eher so, dass man nicht unbedingt weiß wo Kunden sind. Ich weiß, dass sie bei Facebook oder WhatsApp sind, aber ich weiß nicht wann oder wie sie heißen. Und genauso ist das im Prinzip heute. Es gibt doch zu jedem Zeitpunkt so und so viele Menschen, die tatsächlich auf der Suche nach einem gewissen Produkt sind. Und es geht gar nicht mal unbedingt nur um den Preis. Es könnte sogar sein, dass das über den Preis sehr schwierig ist, weil natürlich historisch die Margen kleiner werden, wenn man nur preisbewusste Käufer anspricht. Aber es wäre doch interessant, wenn jemand hingeht und sagt: „Ich brauche eine Heizungslösung für meinen Neubau oder ich suche ein Auto.“ Und die Hersteller sich in irgendeiner Form über standardisierte Kanäle mit Angeboten melden können und mit klaren Preisen und mit möglichst vergleichbaren KPIs oder mit Qualitätskriterien, die man in irgendeiner Form vergleichen kann.

John

Ja, einmal das, aber ich glaube auch darüber hinaus, dass Systeme entwickelt werden, die dem User erst mal überhaupt beibringen, was sie denn eigentlich haben wollen. Wenn du beispielsweise nach einem Haus in Köln Ehrenfeld schaust, dann weiß schon irgendwann irgendjemand dass du auch eine Heizung brauchst. Schon bevor du dich selbst mit dem Gedanken beschäftigst hast. 

Christoph

Genau, und dann musst du selber Experte werden, das dauert alles.

John

Genau, und dann gibt es jemanden, der dich online darauf hinweist: „Ach übrigens, du brauchst ja noch 'ne Heizung, weil andere Kunden, die ein Haus gekauft haben auch eine Heizung gebraucht haben.“ Das Amazon Prinzip.

Christoph

Du hast es eben schon ein bisschen angesprochen: Versteht deine Frau überhaupt was du machst?

John

Ja, und als überzeugte Gamerin steht sie auch voll dahinter und findet es super geil. Gerade die Killer Spiele, da fährt sie voll drauf ab. Nein, die versteht schon was ich mache aber...

Christoph

Ich hab dich jetzt für 'ne Sekunde erst genommen :)

John

Sagen wir so, unser Sohn versteht es besser. Sie versteht natürlich was ich mache aber, was ich anfänglich meinte, wenn man selbst nicht spielt, zumindest nur ab und zu, dann ist das alles nur so eine völlig kranke Scheiße. 

Christoph

Das ist definitiv ein Kulturschock. Für dich natürlich auch, der Kulturwechsel von dem kleinen überschaubaren Team bei Blauarbeit, wo man sich mit Handwerkern und mit Kunden gefreut hat... Ich habe ja ein paar Telefonate mitbekommen, vor allem mit den Kunden, die waren ja zuckersüß. Und auf einmal kommt man in diese Gamer Szene, was man sein Leben lang als Hobby gemacht hat. Auf einmal muss man da arbeiten und Menschen um einen herum sagen: „Ach John, ich hatte so große Hoffnungen für dich, wolltest du nicht was vernünftiges tun?“ :) Und jetzt hast du Gamer als Kunden. Wie ist denn der Kontrast - Gamer im Vergleich zu Handwerkern?

John

Auch geil. Du kannst ein Produkt entwickeln, ein technisch anspruchsvolles Produkt, und weißt, die schnallen das. Die verstehen wahrscheinlich sogar noch mehr davon als du selbst, das ist ein ganz anderer Ansatz als vorher. Vorher ging es darum sich nach dem – ich sage es ohne jemand beleidigen zu wollen – nach dem Dau zu richten; das Produkt so wasserdicht zu machen, dass wirklich jeder weiß wo er hin klicken muss und nicht daneben klickt. Diese Zielgruppe, die Pro Gamer und Gaming Enthusiasten, sind sowieso schon meilenweit voraus. Die sind gerade mal 16 oder 17, auf jeden Fall unter 30, und haben ihr Leben lang nichts anderes gemacht, als das zu konsumieren.

Christoph

Ich stelle das auch im Design fest vor allem im Interaktionsdesign. Wenn man mit einer fortgeschrittenen Zielgruppe arbeitet. Gerade Themen wie Usablity und Onboarding, diese Sachen nehmen so ein bisschen an Bedeutung ab, zumindest am Anfang. Du musst darüber nachdenken, wie es sich anfühlt, wenn man etwas zum 10., 20. oder 30. Mal benutzt. Gerade bei Gamern, die natürlich Min-Maxing betreiben und jedes System in irgendeiner Form spielen wollen, die kommen natürlich an Bord und wollen eine App oder eine Website so schnell wie möglich lernen und sich dann so effizient wie möglich darin bewegen weil sie im Hinterkopf haben: 'Dann bekomme ich mehr Punkte, dann brauche ich weniger Zeit, dann bin ich irgendwie effizienter.' Das ist ja die ganze Idee beim Spielen: Besser in dem zu werden, was man macht und das zu wiederholen. Und darüber muss man auch nachdenken. Anders bei Blauarbeit: Wenn der erste Klick nicht geklappt hat, hat man den User wahrscheinlich verloren und er kommt nicht wieder. Beziehungsweise man hat ihn dann am Telefon. Was trotzdem passiert, sogar wenn der erste Button 15 cm groß auf dem Bildschirm ist und sagt: „Klick hier, sonst passiert hier nichts.“ Dann rufen die an und sagen: „Ich bin mir nicht sicher, wo ist der Button?“ :) Das kann passieren. Bei Gamern ist das aber eher so: „Sag mal, willst du mich verarschen? Pack mal den Button weg, ich brauch noch das und das und das.“ Oder?

John

Ja, bei Gamern ist es so. Wir haben zum Beispiel eine Event App entwickelt, bei der man sich Item Drops einfangen kann. Der Hintergrund ist so: Wenn du eincheckst bei einem unserer Events kannst du virtuelle Güter fangen.

Christoph

Wie quasi auch in Counter Strike. Da sind es auch besondere Waffen und besondere Designs und du bekommst solche Loot Boxes , ein sehr erfolgreiches Prinzip in Games, weil da eine Überraschung dabei ist. Wie ein Blisterpack, du machst es auf und da ist was Cooles drin.

John

Und ihr habt das an ein location-based System ran gekoppelt, wenn du auf dem Event bist musst du dich einchecken, es wird deine Geolocation gecheckt und an unsere Server übermittelt. Wir wussten aber vorher schon, dass das Ding gehackt wird. Wir haben die App released und wirklich innerhalb von 24 Stunden hattest du YouTube Videos, Reddit Einträge...

Christoph

Wie du in Katowice bist ohne in Katowice zu sein.

John

Genau, darum ging es. Und das ist die Zielgruppe mit der wir zu tun haben. Das ist auch super geil und macht mega Spaß weil wir es auch schon antizipiert hatten und uns schon überlegt haben ob wir das komplett wasserdicht machen oder ob wir das einfach so lassen.

Christoph

Die Herausforderung bestehen lassen. Das ist so cool. Ein Spiel im Spiel.

John

Definitiv. Das haben wir gerne in Kauf genommen. Das ist ein ganz anderer Ansatz. Macht auch Spaß.

Christoph

So Dinger gehen dann viral und dann gibt es Community Interaktion. Die Leute, die es machen, haben ein positives Gefühl. Es fühlt sich nicht wie Piraterie an, sondern man hat im Spiel die Lücke entdeckt. Das ist auch was, wofür Gamer leben. Der Cheat. Wobei wenn man zu viel cheated macht es keinen Spaß mehr, das kennt man als Gamer auch, wenn es zu leicht ist. Aber so eine kleine Lücke zu lassen, gerade bei Usern, die ein bisschen Ahnung von dem System haben, kann ganz schön sein. Dann entstehen neue Verhaltensweisen und wenn man offen dafür ist, das ist super.

John

Und jetzt überlegen wir ob wir diesen Cheat, also die Lücke, schließen. Oder ob es dann wieder einen Community Shitstorm geben wird.

Christoph

Ihr müsst die einfach schließen und sagen: 'Es gibt doch immer noch eine aber die müsst ihr finden.'

John

Genau, es gibt 'ne neue :)

Christoph

Du musst einfach dein Handy per Post nach Polen schicken und dann muss das dort einmal kurz WLAN kriegen und dann muss es auch wieder zurück kommen :) Ich weiß nicht, ob es da einen Service gibt aber ihr braucht einfach eine fehlerhafte Adresse in der Nähe der Spodek Arena. Oder vielleicht startet dann so ein Tausch Markt. Wenn die Fans die Handys verticken. Wie heißt das polnische Counter Strike Team? In Polen die Fans rasten ja immer vollkommen aus...

John

Virtus Pro.

Christoph

Ja natürlich. Vielleicht kann man mit denen einen Gerätetausch machen. Und das sind Kunden, die offensichtlich sehr emotional und enthusiastisch dabei sind. Und für die, gerade für junge Gamer, ist das natürlich DAS Thema in deren Leben gerade. Und du bist quasi dabei, bei der höchsten Motivation, die man überhaupt haben kann für etwas. Aus meiner Erfahrung ist das so. Wenn man älter wird spielt man definitiv weniger aber es bleibt nah am Herzen.

John

Ist das so bei dir?

Christoph

Ja bei mir schon, auf jeden Fall. Ich spiele nicht mehr so viel wie ich gerne würde. Das ist gar nicht mal eine Frage der Zeit. Die Bereitschaft ist nicht mehr so da, sich so tief rein zu begeben. Vor allem gute Spiele brauchen Tage und Wochen bis man so richtig drin steckt. Das ist wie beim Schach, das macht keinen Spaß wenn man das zum ersten oder zweiten Mal spielt. Aber wenn man das pflegt, dann ist das toll.

John

Ja, aber ich glaube das ist auch schon eine Frage der Zeit. So geht es mir jedenfalls. Jetzt merke ich erst wie viel Zeit ich früher eigentlich hatte, während der Schulzeit und wie viel Leerlauf da war.

Christoph

Aber heute hockst du auch mal vor'm Fernseher wahrscheinlich? Oder machst irgendeinen anderen Blödsinn?

John

Ja, schon.

Christoph

Das könnte man auch produktiver verbringen. Man könnte auch zocken.

John

Ja, natürlich :) Man könnte auch zocken. Aber es gibt auch so etwas wie Real Life, Familie, Kinder, Freunde, Arbeit und so weiter.

Christoph

Na klar. Und da gibt es auch jede Menge Spiele, die man spielen muss. Reale Spiele. In der Familie zum Beispiel. Wie kriege ich meine Kinder für etwas motiviert oder Ähnliches.

John

Nur kann man da nicht mal eben den Spielstand speichern und morgen weiter machen.

Christoph

Oder neu laden und noch mal was anderes versuchen weil es nichtgeklappt hat :) Wäre ganz schön. Aber die cheaten auch. 

John

Ja, die cheaten kräftig.

Christoph

Es sind also nicht nur neue Kunden für dich, sondern du hast auch diesen Switch gemacht von Webfirst and foremost. Blauarbeit hat zwar auch eine mobile App aber die ist in erster Linie für die Handwerker und die ist sehr spät dazu gekommen. Ich weiß gar nicht, ob du noch da warst als die App raus kam.

John

Ich habe die Anfänge mitbekommen.

Christoph

Und bist aus dieser Web-Landschaft zu einem Dienstleister gegangen oder zu einem Produkt, Turtle, was auch in erster Linie im Internet statt findet, aber dein Stiefel ist das Mobile. Macht es für dich einen Unterschied? Merkst du Unterschiede zum Vorgehen oder zum Team? Unterschiede im Team zwischen Start-Up und einem etwas etablierterem Haus wo du Intrapreneur bist? Du hast den Luxus, dass du auf Entwickler zurückgreifen kannst, die spezialisiert sind und so weiter. Aber sind die Herausforderungen andere geworden?

John

Erst mal sind es nicht nur mobile Produkte, die ich entwickle, sondern auch Back-End Produkte, die ich mache. Auch generell online basierte Produkte mit Web Front-End browser-based Front-End, das ist schon der Fall. Ich habe die Affinität zum Mobilen entwickelt. Nach Blauarbeit hatte ich ein Unternehmen gegründet zum digitalen Vertrieb von Kino Tickets, Tickino hieß das. Das hat nicht ganz so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe, aber trotzdem hat es mir die Möglichkeit gegeben, da einmal richtig tief einzutauchen und überhaupt die mobile Welt nicht nur als User kennen zu lernen, sondern auch als Dienstleister. Das war super spannend für mich und das ist der Hintergrund, weshalb ich das auch zu Turtle, oder zur ESL, mit rüber genommen habe.

Christoph

Was war denn der Road Block? Hattet ihr strategisch und konzeptionell das Produkt schon entwickelt und war es ein technisches Problem? Oder Policy? 

John

Nein, wir waren schon ziemlich weit, auch technisch. Im Prinzip war es eine Infrastruktur zur Vermittlung oder zum Verkauf von Kino Tickets mit einem mobilen Front-End auf iOS- und Android-Basis. Es war auch so, dass wir schon kleinere Kino-Ketten an Bord hatten. Es gibt aber viele große Kino-Ketten in Deutschland und denen haben wir das gedemot und gezeigt und die meinten: "Super geil, so geil, eigentlich müssten wir es selbst machen - Sorry."

Christoph

Aber das ist bis heute wahrscheinlich noch nicht passiert.

John

Genau, aber die habe uns damals schon ganz klar ins Gesicht gesagt: 'Leute, wir können euch das nicht überlassen weil irgendwann wird jeder sein Kino-Ticket mobil direkt vor dem Kino kaufen anstatt an der Kasse anzustehen.' 

Christoph

Dann kauf uns doch... just saying... Wir haben ja schon alles vorbereitet :)

John

Ja, aber so weit waren die vier großen Ketten dann doch noch nicht. Aber das war im Prinzip der Block für uns. Wo wir gesagt haben: „Jetzt nur mit den kleinen, freien Ketten und Kinos macht es keinen Spaß, da ist der Akquiseaufwand zu groß.“ Deswegen haben wir gesagt, wir machen was anderes.

Christoph

Und das Mobile einfach deshalb weil es die neue Herausforderung für dich ist? Oder was zieht dich daran an?

John

Weil es auch naheliegend ist. Wir machen zum Beispiel überall auf der Welt große Events und natürlich will ich auf meinem Handy sehen wer als nächstes spielt und auf welcher Bühne. Und wie der Zwischenstand ist und das, wenn möglich, nicht nur als mobile Web Applikation, sondern als echte, native App. Das ist einfach performanter und macht mehr Spaß. Es sind viele Sachen, die eigentlich No-Brainer sind. Wir brauchen eine mobile Event App, wir brauchen auch eine Play App, die haben wir gerade im Beta Test.

Christoph

Genau, da ist die Event App, das sind eure Turniere, die ihr in Katowice zum Teil selbst organisiert, zum Teil aber auch für andere Unternehmen. Und die Play App, damit auch professionelle Hobby Spieler in ihren eigenen Ligen eigene Turniere initiieren können.

John

Nicht unbedingt initiieren, aber die können an den Turnieren teilnehmen. Jeder kann ein Hearthstone Turnier, ein StarCraft- oder FIFA Turnier mit spielen und bekommt dann sogar vielleicht Preisgeld.

Christoph

Oder qualifiziert sich für die großen Turniere.

John

Natürlich. Und wird dann Pro Gamer oder gewinnt ein Stück Hardware oder wie auch immer.

Christoph

Das ist ja wahrscheinlich die gleiche Prozedur, die Millionen von Jugendlichen in die Fußball Vereine rein jagt in den jungen Jahren. Dieses Aufschauen gehört ja dazu. Natürlich, beim Gaming noch mehr als beim Fußball. Da braucht man ganz klare körperliche Voraussetzungen, aber beim Gaming spielen diese körperlichen Voraussetzungen nur ganz am Ende eine Rolle. So wie twitch shooting, also bei Reaktionszeiten von Millisekunden. Ansonsten ist es nur Training und Commitment, und vielleicht ein bisschen das Alter.

John

Naja, ich glaube trotzdem braucht man eine gewisse Disposition. Ich kenne Leute, von denen weiß ich egal wie viel die trainieren, die können bei Counter Strike nicht gerade aus schießen. Und ich werde auch niemals gut in DOTA werden, das weiß ich einfach. 

Christoph

Bist du dir sicher? Oder liegt es auch wieder da nur an der Zeit?

John

Wahrscheinlich auch.

Christoph

Vermutlich, gerade Spiele wie DOTA, also eher strategisch angelegte Spiele, die vor allem Team play sind. Bei Shootern muss ich natürlich das mechanische Können mit der Maus haben oder ich muss einfach übermenschlich schnell regieren können um mit den Profis zu konkurrieren. Aber bei Spielen wie DOTA geht es ja vor allen Dingen um Spielwissen. Wenn ich alles weiß und wenn ich jede Position kenne, ein bisschen wie im Schach, dann weiß ich wie ich reagiere und bei DOTA sind diese Positionen auch sehr kompliziert. 5 gegen 5, 5 verschiedenen Helden auf jeder Seite und je nach Konstellation muss ich wissen wie ich agiere oder reagiere. Und das kann schon mal ein paar Jahre dauern bis man da alles gesehen hat. Aber wahrscheinlich hat man nie alles gesehen und es dauert bis man genug gesehen hat um zu sagen: „Jetzt bin ich hier gut.“

John

Naja, ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass ich irgendwann Pro Gamer werde und Millionen nach Hause bringe.

Christoph

Ich hab's gesagt. Unser eigenes Overwatch-Team. Das Potential ist da. Die Silver Gamer :)

John

Ich hab letzte Woche den eSports-Menschen für Overwatch kennen gelernt von Blizzard und der stand mit einer Gruppe von ESL Leuten und sein erster Satz war: „Ich habe keine Beta Keys dabei.“ :)

Christoph

Das ist sowieso egal, weil dieses Spiel momentan nur auf Windows läuft. Und das finde ich natürlich fast einen persönlichen Affront eines Unternehmens, das mich mein ganzes Leben begleitet hat.

John

Ich bin sehr traurig :(

Christoph

Blizzard, wenn jemand von euch uns zuhört aus Deutschland: Bisher habt ihr alle Spiele für den Mac rausgebracht, das kann ja wohl nicht sein. Auch wenn das gerade hier überhaupt keine Wichtigkeit hat :) Ich will keine Beta Keys! Aber ist ja egal, wir haben einfach das Talent und die Ausstrahlung und die Gegner erzittern :)

John

Natürlich. Aber zurück zum Mobile Thema. Es gibt einfach bestimmte No-Brainer, da ist es einfach klar. Wir haben natürlich für die meisten Sachen schon ein Web Front-End, aber die werden dann auch noch mobilisiert.

Christoph

Ich muss aber noch mal nachhaken: Auch bei Blauarbeit warst du jetzt nicht für den Teil der Entwicklung und Programmierung verantwortlich, aber jetzt schon? Jetzt hast du die Programmierung auch direkt in deinem Team und musst Ressourcen verteilen und deine Vision skizzieren und sagen: „So soll das aussehen.“ Hast du einen Unterschied festgestellt zwischen Web- und Mobile Entwicklung?

John

Nein. Gar nicht. Natürlich gibt es Unterschiede in der Zusammenstellung des Teams aber letztendlich ist Mobile für mich auch nur ein Front-End, in Anführungszeichen, genauso wie Web oder Smart TV das ist. Das ist eher zweitrangig. 

Christoph

Man muss sowieso für jedes Device so ein bisschen überlegen, wie man genau das richtige buildet und natürlich ist der Finger etwas anderes als die Maus. Aber technisch nicht unbedingt.

John

Genau, technisch nicht und von der Herangehensweise auch nicht. Die internen Prozesse habe ich genauso gestaltet, unabhängig davon wie das Endprodukt aussehen wird. Aber natürlich, wenn es darum geht für das Produkt die Wireframes zu machen ... Und natürlich, bei einer mobilen Anwendung will ich was anderes erreichen als bei einer Webanwendung. Bei einer mobilen Anwendung stehe ich noch mehr in der User-Kommunikation als bei einer Web-Oberfläche. Mein Smartphone habe ich in der Tasche und diese User kann ich mit Notifications erreichen beispielsweise. Das geht im Web noch nicht so einfach.

Christoph

Ich glaube auch. Das Internet am Computer wird sich nie so persönlich anfühlen wie das Internet auf dem Handy. Ich habe grade noch mit meinen Studenten darüber gesprochen, dass wir im Prinzip jetzt in effektiv 7 Jahren auf der ganzen Welt zu einer Situation gekommen sind, in der jeder Mensch, der irgendwie daran kommen kann, ein Smartphone haben will. Und warum ist das so? Weil wir darüber kommunizieren. Weil wir mit den Menschen connected sind, die uns am Herzen liegen. Und auch mit Menschen connected sind, die wir gar nicht kennen, aber deren Ideen uns am Herzen liegen. Es geht um Kommunikation. Das Internet in diesen mobilen Geräten, das ist die Kommunikationsrevolution. Das ist so wichtig für Menschen geworden. Wenn ich eine App darauf installiere, fühlt es sich anders an, als wenn ich ein Tool auf dem Computer benutze oder eine Website aufrufe. Ich gebe einen Platz auf meinem persönlichen Device her und wenn mir das nicht gefällt, dann schmeiße ich das auch sofort wieder runter. Dann kommt auch noch das Thema worüber wir gesprochen haben: Die Gamer sind sowieso so tief drin und ich wüsste kaum Bereiche, in denen man so motivierte Kunden und so eine persönliche Konstellation findet – bis auf so etwas wie Schwangerschafts-Planung vielleicht.

John

Fußball!

Christoph

Okay, stimmt. Ich bin jetzt kein Riesen-Fan obwohl ich mehr gucke als früher. Aber es stimmt, Fußball auf jeden Fall.

John

Generell Sport hat ein sehr dankbares Publikum, weil die Leute einfach ein Commitment mitbringen. Und wie du sagst, eine App zu installieren, das erfordert schon ein gewisses Commitment. Obwohl ich nur das Ding über den App Store installiere, aber ich habe begrenzten Speicherplatz und ich habe bestimmtes real estate in meinem Smartphone. Was will ich denn wirklich täglich mit mir rum tragen? Wir sind mittlerweile soweit, dass wir gar nicht so zwischen Mobile und Web differenzieren wollen, sondern, dass wir das verschmelzen wollen. Wenn du bei Play bist und dich anmeldest, hast du da das gleiche Match oder die gleichen Cups wie in deinen mobilen Devices.

Christoph

Also egal welches Gateway du benutzt, da ist die ESL. Verstehe. Jetzt hab ich mal kurz eine Idee und eine Frage für dich. Glaubst du die Spiele, die wir spielen, und die Jobs, die wir machen, haben was mit einander zu tun?

John

Du meinst die Spiele an sich oder die Tatsache, dass wir Spiele spielen?

Christoph

Ja, vielleicht auch das.

John

Ich glaube wenn ich nicht als Jugendlicher Monkey Island, Zak McKracken, Dune 1, Dune 2, WarCraft 1 oder StarCraft 1 und so weiter gespielt hätte, dann würde ich definitiv nicht das machen, was ich jetzt mache.

Christoph

Okay, bei dir ist natürlich auch relativ einleuchtend wo der Weg hin gegangen ist. Ich habe auch vor allem Monkey Island geliebt und habe jetzt noch keine Game Company gegründet, obwohl ich auch schon ein paar Mal darüber nachgedacht habe.

John

Ich glaube aber, spielen am PC und auch an der Konsole bringt einfach Jugendliche und vielleicht sogar auch Kinder näher an die Technologie. Das ist ein Door Opener, so war es jedenfalls für mich. Und ich glaube, dass das immer noch der Fall ist. Auch in der Zeit von Smartphones, die es früher einfach nicht gab. Mittlerweile ist jeder connected, unabhängig davon ob er spielt oder nicht. Früher war der einzige Grund ein C64 zu haben, ein Amiga oder 386er mit 25 Megahertz und 5 MB Festplatte war, dass du einfach über deine Dos Oberfläche dein RAM neu konfiguriert hast damit das entsprechende Spiel dann läuft, was du auf dem Pausenhof dann auch getauscht hast.

Christoph

Bubble Bobble oder Battle Chess oder so.

John

Oder Winter Games :)

Christoph

Genau, Winter und Summer Games, großartig. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen. Ich habe überlegt im Vorhinein, was machst du eigentlich und was zockst du? Du hast jetzt gerade auch Dune erwähnt und WarCraft und natürlich StarCraft, was du ja auch immer noch spielst. Ich finde StarCraft ja auch eigentlich auch sehr gut, aber werde nie besonders gut darin weil ich extrem schlecht im Multitasking bin.

John

Du bist doch super geil da drin.

Christoph

Raus aus meinem Arsch :)
Also definitiv nicht so gut wie du mit deinen Protoss, und da werde ich auch nie hin kommen weil ich immer die Hälfte vergesse. Ich kann mich nur auf eine Sache konzentrieren. Da bin ich relativ gut drin, mehrere Sachen gleichzeitig – no way. Absolut geschlechterstereotypisch. Ich glaube um StarCraft gut spielen zu können, muss man multitasken können. Und du bist jetzt nicht ein Designer im klassischen Sinne, obwohl du natürlich Produktdesign gemacht hast, ob du das willst oder nicht, und Entscheidungen für dein Produkt gewählt hast – was für mich sowieso das Gleiche ist. Ein Geschäftsführer, ein Unternehmer oder ein Gründer zu sein, der sein eigenes Produkt erschöpft ist auf jeden Fall in diesem Sinne ein Designer. Und wie ich mein Team konstruiere, welche Entscheidungen in treffe, das sind alles Design Entscheidungen aus meiner Perspektive.

John

Stimmt, sehe ich auch so.

Christoph

Aber du bist eigentlich Manager im klassischen Sinne. Du organisierst Leute, dass die ihren Job, in dem sie spezialisiert sind, gut machen können.

John

Ja mittlerweile schon.

Christoph

Und nach gewissen Zielen. Bei Blauarbeit ist das immer mehr in diese Richtung gegangen, und jetzt bei ESL hat es direkt auch so begonnen, weil du im Prinzip die Code-Zeilen nicht selber schreibst und die Interfaces nicht selber zeichnest aber natürlich immer überall Input gibst. Und eigentlich ist das eine erstaunliche Parallele zu dem was man bei StarCraft macht. Oder bei jedem Strategie-Spiel. Quasi die spezialisierten Einheiten so einzusetzen, dass am Ende das große Ziel in irgendeiner Form erreicht wird.

John

Ja, das stimmt, wobei die kompetitiven Spiele alle ein strategisches oder taktisches Element mit sich bringen, auch Counter Strike oder DOTA oder League of Legends.

Christoph

Bei Strategiespielen sind es eben computergesteuerte Dinge, denen du sagst: „Mach das!“ Und beim Counter Strike sind es 5 Personen aber dahinter steht einer, der Team Leiter oder Stratege, und der muss eher ein bisschen als Manager denken und sagen: „Was ist das für eine Situation haben wir gerade, stehen wir grade gut da oder schlecht, was müssen wir tun damit die Situation bleibt?“ Und natürlich gibt es auch in den Team, wenn das jetzt ein 5er Team bei Counter Strike ist, dann gibt es auch einen, der so gut ist, der selbst die Spielsituation lesen kann, so wie der Spielführer im Fußball. Und da steht auch der Trainer am Rand. Der Trainer ist manchmal auch kein Fußballer, der war vielleicht mal Fußballer, das ist aber nicht unbedingt wichtig. Es können auch Leute Fußballtrainer werden, die nicht unbedingt Fußballer waren, sondern einfach das Spiel verstehen von oben, als Manager. Und als Spieler, wenn wir bei Fußball bleiben und uns Messi angucken, der muss nicht unbedingt Manager sein aber der muss sich einfach bewegen wie ein Halbgott und alle anderen drum herum kippen um und sehen wie blöde Spielfiguren aus. Und er macht das Tor und dann hat er seinen Job erledigt. Was würde der für Computer Spiele spielen?

John

FIFA. Tut er auch :)

Christoph

Zum Training natürlich.

John

Wir machen für FIFA '16 die offizielle Weltmeisterschaft. Einmal im Jahr. Und da sind die Jungs auch da und machen dann ihrer PR Auftritte. Aber wir wissen auch, dass die Zuhause, oder zwischen den Spielen, zocken. Die nutzen das auch teilweise um so ein Eagle-Eye-View Verständnis von dem Spiel Fußball zu bekommen. Was sie zwar sowieso schon haben, aber auch um das zu maintainen und zu verbessern.

Christoph

Weil der Simulationscharakter dieser Spiele in den letzten 10 Jahren so unfassbar nach vorne gegangen ist. Ja, das ist schon Wahnsinn. Da kann man durchaus Realitätsrelevanz ableiten. Auf der anderen Seite würde ich sagen, wenn man sowieso schon den ganzen Tag nichts anderes als Fußball macht, wäre es vielleicht auch mal eine Idee was anderes auszuprobieren, und wenn es Tetris ist :)

John

Aber die Profi-Fußballer spielen alle FIFA.

Christoph

Die sind natürlich auch selber die größten Fußballfans, die es so gibt, das darf man nicht vergessen. Die sind da, wo sie sind, weil sie auch als Fußballfans groß geworden sind. Bei mir habe ich das auch festgestellt, ich glaube meine Vorliebe für RPGs, also Rollenspiele, wo man sich auch mal um einen Charakter kümmert und den entwickelt und vielleicht auch Rätsel lösen muss und diese ganze persönliche Entwicklung, das ist ein ganz typischer Monofokus. Was vielleicht einem Designer, also einem Interaktions- oder einem Grafikdesigner, näher liegen würde. Bei StarCraft denke ich immer wieder ab einer gewissen Stufe: „Das ist mir einfach zu viel, ich will mich auf eine Sache konzentrieren, das klappt aber nicht.“ Dann versagt man.

John

Ich will nur Mineralien ernten.

Christoph

Genau, ich würde gerne Sim City machen, ich will einfach nur aufbauen. Lasst mich doch bitte alle in Ruhe.

John

Es muss gut aussehen.

Christoph

Genau.

John

Nein, nicht angreifen.

Christoph

Genau, Nichtangriffspakt :) Diese Strategiespiele fehlen übrigens noch. Wo man das Spiel auch kompetitiv gewinnen kann, ohne einander anzugreifen …

John

Durch Schönheit.

Christoph

Genau, meine Basis sieht besser aus als deine.

John

Meine Basis soll schöner werden :) Diese Rollenspiele beispielsweise oder auch Rätsel lösen, das ist mir zu langsam, das macht mir keinen Spaß. Ich fange damit an und bin dann irgendwann frustriert wenn ich das Rätsel nicht kriege. Wenn es irgendwo einen Button geben würde, wo steht 'Rätsel überspringen', dann wäre ich wahrscheinlich da.

Christoph

Hey, ich hab das Spiel geschafft. Super und fertig. What's next? :) Aber in dem Sinne fände ich die Idee eigentlich relativ cool im Assessment Center oder im Bewerbungsprozessen im Beruf Gaming mit ins Spiel zu bringen und zu gucken, was jemand spielt, um seine Vorlieben und Stärken herauszufinden. Und bei ESL könnte man sowieso sagen, man muss in mindestens in einem Spiel äquivalent Diamond oder ob man jetzt Legend sein muss oder man muss die Top 5 Level mal geschafft haben oder eine 12er Arena ...

John

Das ist auch immer Teil eines Bewerbungsgesprächs bei ESL, wenn du dich nicht gerade einen Job in der Buchhaltung bewirbst, weil da ist es tatsächlich wirklich mega wichtig.

Christoph

Ja, da gibt es wahrscheinlich kaum Überschneidungen.

John

Nein, da sind auch weibliche Mitarbeiter in der Buchhaltung :)

Christoph

Na und? Stereotype mal wieder... Aber wenn ich Buchhalter wäre, würde ich mich vom Dach werfen :)

John

Ja, ich wahrscheinlich auch. Trotzdem ist es Bestandteil eines jeden Bewerbungsgesprächs, dass man irgendwann fragt: „Was spielst du gerade so und wie findest du das und wie weit bist du da gekommen?“ Das ist mit drin. Aber ich finde die Idee ziemlich naheliegend, dass man im Assessment Center Leute spielen lässt, auch unabhängig davon ob sie das Spiel schon kennen oder schon gespielt haben. Einfach um zu sehen wie sie in Stresssituationen reagieren oder wie sie lernen oder wie sie mit einer Situation umgehen. Kompetitive Spiele arten ja immer in Stress aus ab einem gewissen Punkt, deswegen sind sie ja kompetitiv.

Christoph

Klar, in einem Assessment Center wären im Spiel natürlich etwas höhere Stakes weil ich weiß, wenn ich mich hier blamiere, dann ist das vielleicht schlecht. Aber das ist es, was ich an Spielen so großartig finde. Ich kann scheitern und noch mal versuchen. Durch dieses Scheitern, also dieses Trial and Error Prinzip. Spielphilosophen nennen das den Phasenraum der Möglichkeiten explorieren, oder so was. Klingt total abgedreht. Wow, was haben die eigentlich geraucht? :) Aber ja, den Phasenraum der Möglichkeiten herausfinden.

John

Was ist damit gemeint?

Christoph

Damit gemeint ist: Ich kann alles ausprobieren. Alles. Indem ich alles ausprobieren kann, kann ich abstecken was funktioniert und was nicht funktioniert. Im normalen Leben kann ich das nicht. Ich kann nicht einfach ausprobieren was passiert, wenn ich aus dem 3. Stock springe. Ich kann das ausprobieren aber die Konsequenzen sind nicht wie im Spiel, die Konsequenzen sind vielleicht sehr viel schlimmer. Und gerade im Job und gerade in Deutschland haben wir oft die Kultur, dass Fehler machen schlimm ist, auch wenn wir immer wieder vorne drauf schreiben „Fehler sind gut“. Das stimmt nicht, das wird nicht gelebt. Fehler machen ist negativ, das ist schlecht für die eigene Karriere, und deswegen gehen Leute diese Risiken nicht ein. Auch in einem Bewerbungsgespräch, sie versuchen total gefasst zu sein, alles unter Kontrolle zu haben.

John

Oder bei einem Podcast.

Christoph

Ja genau, beim Podcast. Bloß nicht irgendwas Schlimmes sagen, so wie Scheiße :) Und natürlich, das ist mein erster Podcast, also ist man ein bisschen unentspannter als sonst.

John

Arschloch.

Christoph

Ja, Dankeschön :) Aber in einem Spiel kann ich das weg lassen. Das Schlimmste was passieren kann ist, dass ich noch mal von vorne anfangen muss. Aber ich kann noch mal von vorne anfangen. Und diese Exploration, dieses Ausprobieren, macht frei. Wenn ich es schaffen würde in einem Bewerbungsprozess diese Freiheit so ein bisschen zu bekommen, dann entdecke ich vielleicht sogar Potential in einer Person, was die andere Person noch nie gesehen hat, gerade wenn sie noch nicht gespielt hat. Man sollte dann auch das Spiel spezifisch selektieren und nicht Spiele wie beispielsweise DOTA spielen, weil die Lernkurve viel zu steil ist. Das dauert einfach ewig bis man sich da halbwegs vernünftig anstellt.

John

GTA, da erkennst du relativ schnell den eigenen Charakter des Menschen.

Christoph

Genau, was probiert jemand aus ... Du überfährst also gerne Frauen, alles klar :)

John

Aber da merkst du schon ob jemand ein kranker Psycho ist.

Christoph

Psychos direkt in die Buchhaltung :) Oder eher ins Marketing oder PR.

John

Aber das ist echt 'ne geile Idee, sollte man mal weiter denken.

Christoph

Ja, hier sind 10 Euro, Danke. Wir haben die ganze Zeit über digitales gesprochen. Was machst du eigentlich, wenn du dich vom Digitalen ablenken willst. Außer mit deinen Kindern spielen, das zählt nicht. Also, natürlich zählt das, aber das ist ja immer Antwort Nummer 1. Und mit deiner Frau spielen auch. :) Aber machst du noch irgendwas, um vom Digitalen eine kleine Auszeit zu kriegen?

John

Ja, ich versuche hin und wieder regelmäßig zum Sport zu gehen. Momentan ist es Kickboxen, das ist geil, ein super Ausgleich. Das ist körperlich aber trotzdem musst du dein Gehirn irgendwie anlassen, anders als im Fitness Center am Gerät.

Christoph

Solange dein Gegenüber das Gehirn auch noch anlässt.

John

Ja, das ist easy, also das ist schon ziemlich fair und zivilisiert. Aber trotzdem macht das richtig viel Spaß. Und ich habe gerade anfangen Vibraphon Unterricht zu nehmen. Als Kind habe ich schon das Vibraphon geliebt und gespielt, da schnuppere ich auch gerade rein.

Christoph

Sorry, ich bin ja selber Musiker aber ich muss gerade zugeben, dass ich nicht genau weiß was ein Vibraphon ist.

John

Was, willst du mich verarschen?

Christoph

Sorry :)

John

Weißt du was ein Xylophon ist? Ein Glockenspiel, ein großes Glockenspiel. Ein Vibraphon ist ein Xylophon mit Metallklangplatten.

Christoph

Okay, alles klar. Achso, ich kenne Vibraphone aber ich kam grad nicht auf den Begriff. Cool. Aber Kickboxen und Vibraphon... Du bist schon ein ganz schöner Hipster gerade geworden :) Was sind deine Hobbies so? Naja, Luftgewehr schießen, Cupcakes backen und Panzer fahren.

John

Ne, das sind Sachen, die ich in meiner Kindheit schon gemacht habe und langsam wieder auspacke weil ich mich dran erinnere, dass sie mir gut getan haben. Und jetzt auch merke, dass die immer noch Spaß machen.

Christoph

Cool. Das braucht man auf jeden Fall. Ein bisschen was, was nicht nur Pixel ist.

John

Oder nur Arbeiten und nur Family ... das ist auch ganz gesund.

Christoph

Das ist sehr deep. John, vielen, vielen Dank, dass du mit mir heute hier warst. Absolut großartig.

Gibt es irgend etwas, was du uns noch mit geben willst? Was du schon immer mal sagen wolltest, wenn 10 Menschen – ich meine natürlich 10.000 Menschen online hören was du von dir gibst? Gibt es irgend etwas, was du uns noch mit geben willst? Was du schon immer mal sagen wolltest, wenn 10 Menschen- ich meine natürlich 10.000 Menschen online hören was du von dir gibst?

John

Ja, AFD ist scheiße! Das war's.

Christoph

Oh, vielen Dank. Ich habe am Anfang eigentlich gesagt wir reden nicht über Politik, aber alles gut. Gibt es irgendwelche digitalen Kanäle über die man dich erreicht oder willst du irgendwas digitales promoten? Eine App oder irgendwas anderes?

John

Ja, du kannst gerne meine E-Mail-Adresse mit drunter posten, ich habe keine Angst vor Spam. Wenn jemand Interesse hat oder wenn jemand eine coole Idee hat im Bereich eSports, oder Lust hat irgendein geiles Produkt aufzubauen, mit einer Company, die offen ist für neue Sachen und eine ziemlich große Reichweite hat und ein großes spezifisches Know-How, und die auch weiß, wie man neue Sachen auf die Straße bringt, dann meldet euch.

Christoph

Das klingt voll gut, ich schreib' dir 'ne E-Mail. Ja, aber sag mal, wie heißt die denn? Wir sind ja hier im Radio, du musst das sagen.

John

J.Minah@eslgaming.com. Ich freue mich.

Christoph

Ich werde es noch drunter posten, wenn ich dran denke. Vielen Dank, es war mir ein Fest.

John

Danke, Chris.